Wenn
draußen, so wie die letzten Tage, der Sturm um die Häuser tobt und seine
zerstörerischen aber zugleich auch reinigenden Kräfte wirken, machen wir es uns
drinnen nur allzu gerne gemütlich. Eine entspannende Tasse Tee, eine fesselndes
Buch oder ein sinnliches Wohlfühlbad im Kerzenschein lassen uns nicht nur den
wütenden Orkan vor unseren Türen vergessen, sondern sie helfen uns auch uns
abzulenken, wenn in unserem Inneren der Sturm aufkommt! Jeder Mensch muss sich hin und
wieder einmal in seinem Leben einem „Sturm“ stellen. Die Veränderungen des Lebens, gewollt
oder ungewollt, zwingen uns immer wieder dazu uns neu zu orientieren und uns
von alten, überholten Lebensmustern zu trennen. Es wirkt zwar befreiend, wenn
man erst mal den Mut dazu aufgebracht hat, sich von Dingen, Situationen oder
Menschen zu trennen, die wir nicht mehr brauchen, vielleicht noch nie gebraucht
haben, die uns schaden, mit denen wir nicht mehr leben können oder wollen aber was kommt eigentlich danach?
“Die Kunst zu leben besteht vielleicht vor allem darin,
seinen eigenen Weg zu gehen und sich dabei die Offenheit zu bewahren,
immer neue Wege zu entdecken!
(Jochen Marris)
Wenn
wir in und gehen und in aller Stille ganz genau hinschauen, entdecken wir, dass es zwischen dem Alten und Neuen diesen unsicheren Moment
dazwischen gibt, diesen "leeren" Raum gibt. Diesen Moment, wo das Alte schon gegangen ist und sich das Neue
aber noch nicht gezeigt hat. Bezogen auf Sachen, an denen
wir lieber festhalten, trägt dieses nicht definierbare Dazwischen eine unglaubliche
Verletzlichkeit, Nacktheit und Angst in sich. Was, wenn ich in meinem Job immer mehr
ausbrenne, er mich frustriert und meinen wahren Talenten, meinen besonderen Fähigkeiten schon lange nicht mehr entspricht, ich aber keine Idee habe, was ich stattdessen machen könnte?
Was, wenn ich die alte Wohnung schon gekündigt habe aber noch keine geeignete,
neue in meiner bevorzugten Wohngegend gefunden habe? Oder wenn ich mit meinem Partner/meiner Partnerin, einfach nicht
mehr zusammen leben kann oder will, aber ich mir schon alleine beim Gedanken an das
Alleinsein am liebsten gleich zwei Katzen und einen Hund anschaffen möchte und
die Sorge riesengroß ist, es alleine nicht zu schaffen?
Es
liegt in der Natur des Menschen, das die Zeit des „Dazwischen“, die Zeit der
Unsicherheit, des noch nicht „Greifbaren“, für die meisten von uns immer nur
ganz schwer auszuhalten ist. Wir sehnen uns alle nach
Halt, nach Stabilität undnach Beständigkeit. Zudem ist der Mensch ein
Gewohnheitstier und braucht eben ein gewisses Maß an Rhythmus und Verlässlichkeit. Nicht zu wissen wo`s in unserem Leben langgeht, bereitet vielen von uns schlicht und einfach
große Angst. Wen wundert es also, das wir längst überfällige und nötige
Entscheidungen, die nicht absehbare Veränderungen für unser Leben mit sich
bringen, so lange als möglich nicht treffen möchten. Zugleich sind diese
Momente, in denen wir uns auf das vermeintliche „Nichts“ einlassen, aber
mit die wertvollsten, die wir vom Leben geschenkt bekommen können. Denn eine „Leere“
strebt immer wieder danach sich zu füllen – mit Neuem, Unbekanntem, das wir jetzt in seiner Fülle, seiner Schönheit vielleicht noch nicht
einmal erahnen können.
“Die Definition von Wahnsinn
ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.” Albert
Einstein
Allen Veränderungen, selbst jenen, die wir ersehnt haben,
haftet etwas Melancholisches an,
denn wir lassen einen Teil von uns selbst zurück.
Wir müssen ein Leben sterben, ehe wir ein anderes beginnen können.
Anatole France
Vor 5
Jahren stand ich mitten in diesem furchterregenden Zustand des „Nichts“. Eine schwere Krankheit hatte
mich wie ein Blitz aus heiterem Himmel getroffen, mich aus dem Berufsleben, aus
meinem sozialen Umfeld katapultiert, mich für Monate ans Bett gefesselt und mir
im wahrsten Sinne des Wortes die Beine unter den Füßen weggezogen. Meine ganzen
Pläne und Vorhaben waren auf einmal über den Haufen geworfen worden. Da stand
ich also mitten in diesem „Nichts“. Ich hatte Angst, panische Angst
davor zu fallen, meinen Weg nicht zu finden, in diesem „Nichts“ für alle
Zeit steckenzubleiben. Zugegeben es war eine sehr ansträngende und oftmals mehr als intensive
Lebensschule, keine Frage. Und doch – bei all der Ansträngung die mir diese Zeit auch abverlangte, so bereitete sie mir auch den Weg für alles
Kommende. Denn auf diesem Weg lernte ich mich hinzugeben – und dem Leben zu
vertrauen. Ich lernte offen zu bleiben für die unzähligen Möglichkeiten und
Wege des Lebens, die so viel größer sind als das, was wir uns auszudenken im
Stande sind. Und ich lernte das dankend und demütig anzunehmen, was das Leben
für mich bereithielt,w as es mir in diesem Augenblick gab. Und vielleicht das Wichtigste, ich lernte wieder zurück
zu kommen in den Augenblick, statt den größten Teil des Tages in Zukunftsplänen
festzuhängen und sorgenvoll darüber nachzudenken wie es denn wohl weitergehen
soll.
Rückwirkend
betrachtet, wagte ich in dieser Zeit den Sprung vom Verstand ins Herz. Etwas anderes blieb mir auch
nicht übrig, da der Verstand angesichts der aktuellen Lage ziemlich ratlos war.
Und so schrieb ich mir damals selbst einen Brief worin stand, wie ich mein
Leben gerne hätte, wenn ich den wieder vollständig gesund werden würde. Wovon
ich mich dankbar und ohne Groll verabschieden wollte, was mitkommen sollte und
worauf ich mich freute, wozu ich bereit war mich in meinem neuen Leben
einzulassen. In diesem Brief stand auch der Wunsch nach beruflicher
Neuorientierung. Ich wollte wieder zu meinen Wurzeln zurück, wollte mit meiner
Arbeit wieder Zugang zu meinem kreativen Potential und zu meiner
Naturverbundenheit finden. Meine ganze Sinnlichkeit, meine Schaffenskraft,
meine Liebe zu den Schätzen der Natur sollte wieder mit ganzer Liebe und Freude
in meine tägliche Arbeit einfließen…
Ich
sitze bei einer Tasse Lavendeltee, draußen ziehen graue, tief hängende
Schneewolken vorbei und der Sturm pfeift ums Haus. Von der Fröhlichkeit und
Leichtigkeit des Frühlings ist heute weit und breit keine Spur. Auch in meinem Inneren tobt
seit Tagen wieder ein Sturm und eine wohl bekannte Angst legt sich wie eine
dicke, graue Nebelwand um mein Herz. Heute, genau 5 Jahre nach Ausbruch meiner
Krankheit regt sich wieder das Gefühl des „Nichts“ in mir. Die Angst auf
meinem Weg in mein neues Leben stecken geblieben zu sein, nicht schnell genug
voranzukommen, zu wenig umsichtig vorausgeplant zu haben ist wieder mächtig
groß. Einige Vorhaben sind zwar schon erfolgreich umgesetzt aber manche
Herzenswünsche warten noch immer dringend auf Erfüllung. Plötzlich fällt mein
Blick auf die Kommode wo in einer Lade mein Brief, den ich mir vor 5 Jahren
geschrieben habe, aufbewahrt ist. Ich nehme den Umschlag raus, öffne ihn, lese
ihn und ja, es scheint mehr als verrückt aber die Beschreibung wie ich mir
meine berufliche Zukunft vorgestellt habe, ist 1:1 eingetroffen. „Reginas
Wilde Weiber Küche“ die
Kochwerkstatt für Körper, Geist und Seele, die vor 5 Jahren nur eine Vision
war, in meinem Herzen, in meiner Sehnsucht existiert hat ist, dank der vielen Menschen die mich auf meinem neuen Weg begleitet und getragen haben, heute real, greifbar
und erfolgreich geworden!
Wie
ein Blitz aus heiterem Himmel trifft mich die Erkenntnis, dass es Zeit wird
wieder etwas entspannter und vertrauensvoller ins Leben zu blicken. Der
hartnäckige „Kontollfreak“ der ich nun mal bin versucht, ganz seinen
alten Mustern getreu schon wieder krampfhaft alles festzuhalten damit ihm ja
nichts verloren geht, damit er sich ja nur nicht aus der Komfortzone seines
Lebens heraus bequemen muss. Was im beruflichen schon so
wunderbar funktioniert hat, kann ja auch in anderen, noch offenen Bereichen des
Lebens funktionieren. Es wird Zeit sich wieder an den Gedanken zu gewöhnen
loszulassen um die nächsten Schritte zu gehen. Nur wenn ich den Mut habe mich dem
Neuen zu öffnen und Altes loszulassen, werden ich nicht im „Nichts“ steckenbleiben, sondern erfahren, dass
noch viele große Überraschungen auf mich warten, die ich mir in meinen kühnsten
Träumen nicht vorstellen hätte können. Wenn mir also mal wieder die Angst den
Zugang zu meiner Intuität, zu meinen Herzenswünschen vernebelt und ich das
Gefühl habe im „Nichts“ steckenzubleiben, ganz alleine im Leben zu
stehen, dann werde ich mir einfach die Frage stellen, die in solchen Fällen
wahre Wunder wirkt: „Was würde
der mutigste Teil von mir jetzt tun, wie würde er sich entscheiden?“ Diese Frage kann ich mir in allen
Lebenslagen stellen, in denen ich zögere und vor dem nächsten Schritt
zurückschrecke. Sie verbindet mich wieder mit meiner Freude, mit meiner Kraft
und meinem Mut.
Denn eines ist
klar, ich bin mehr als meine Angst. Angst ist nur ein Gefühl, das kommt und
wieder geht. Wenn ich mich
mit meiner inneren Kraft verbinde, spüre ich eine deutliche Veränderung: Die
Anspannung in meinem Körper lässt nach, etwas wird wieder weit in mir und ich
kann wieder durch und aufatmen. Kreative Gedanken können wieder fließen, ein
Gefühl neugieriger Freude stellt sich ein. Statt mit der Energie der Angst bin
ich nun mit der Energie der Freude verbunden und kann aus ihr heraus mutig
meinen nächsten Schritt wagen….